Sabine Meier*, Angehörige eines Spielsüchtigen und Kundin von meinprozess.at im Interview.
Ronald Mechtler: Danke für die Möglichkeit eines Interviews. Spielsucht ist und wird ja ein immer größeres Thema. Oftmals verheimlicht der Partner oder die Partnerin die Sucht, ein Konstrukt aus Lügen entsteht, welches immer dichter wird. Wie haben Sie bemerkt, dass etwas nicht stimmt?
Sabine Meier: Mein Mann hat immer mehr Zeit alleine vor dem Computer verbracht. Er wurde immer stiller und zog sich zurück und redete von sich aus fast nichts mehr mit mir. Zudem wurde immer gereizter. Ich konnte Ihn auf das Thema nicht einmal mehr ansprechen. Er ist dann regelmäßig explodiert und wurde laut. So kannte ich ihn überhaupt nicht.
RM: Ich stelle mir den Alltag in so einer Situation sehr schwierig vor.
SM: Es war, als ob ein Schalter umgelegt wurde und plötzlich ein Fremder mit meinem geliebten Mann Platz getauscht hätte. Zumindest war das mein Eindruck. Wir haben auch fast keine Urlaube mehr gemacht. Irgendwann habe ich dann mitbekommen, wie er sich heimlich Geld aus dem Sparschwein der Kinder genommen hat. Zudem hat mir dann sein bester Freund erzählt, dass er nicht mehr zu den regelmäßigen Männerabenden kommt und er von ihm fast nichts mehr hört. Mir hat er gesagt, sie treffen sich nicht mehr. Das war ein sehr großer Vertrauensbruch, wir hatten immer eine sehr ehrliche und offene Ehe, im Verhältnis zueinander. Ich musste also etwas unternehmen. Einfach aufzugeben – dazu war er mir zu wichtig.
RM: Was macht man in so einem Fall? Direkte Konfrontation oder sanfte Intervention?
SM: Ich wollte ihn nicht verlieren. Aber die finanzielle Situation war auch nicht zu vernachlässigen. Als ich unsere Finanzen durchgegangen bin musste ich feststellen, dass von unseren Sparkonten einiges an Geld fehlte. Ich führe zwar unser Haushaltsbuch, aber um die Veranlagung der Ersparnisse kümmerte sich mein Mann. Und es war dramatisch. Ich habe ihn damit konfrontiert und er hat sofort alles zugegeben. Zudem hat mich sein bester Freund auch unterstützt. Zusammen haben wir ihn dazu gebracht, eine Therapie zu beginnen.
RM: Und dann, nach einiger Recherche, haben wir uns kennengelernt.
SM: Wir haben dann, nachdem mein Mann uns gesagt hat, wo er unser gemeinsames Geld verspielt hat, recherchiert, ob nicht eine Haftung seitens des Casinos besteht. Herausgefunden haben wir, dass das Online-Casino in Österreich gar keine Lizenz hatte und damit illegal tätig war. Dadurch sind wir dann zu “MeinProzess” gekommen.
RM: Diese Situation kommt, traurigerweise, in österreichischen Haushalten öfter vor, als man denkt. Es gibt hunderttausende spielsüchtige Menschen in Österreich. Wie war der Prozess aus Deiner Sicht?
SM: Von heute auf morgen wird alles wieder gut – mir war klar, das wird nicht funktionieren. Aber Wir hatten nach 8 Monaten und dank Deiner Unterstützung das meiste vom verspielten Geld wieder zurückgeholt.
RM: Gerade in so einer schwierigen Situation, mit der emotionalen Belastung dazu, ist es uns ganz wichtig, Vertrauen herzustellen. Transparent zu arbeiten und regelmäßig über Fortschritte zu informieren. Spielsucht und finanzieller Schaden ist ja oft mit enormen Vertrauensverlusten in der Familie behaftet. Wie geht es Euch jetzt?
SM: Mein Mann geht jetzt noch immer zur Therapie und macht gute Fortschritte, aber es ist noch ein langer Weg. Es war für mich extrem belastend, aber wir sind, denke ich, aus dieser Krise gestärkt als Paar hervorgegangen und enger zusammengerückt. Durch die Rückerstattungen ist zudem unsere finanzielle Situation nun sehr viel besser und es plagen uns keine Existenzängste mehr.
RM: Hoffentlich können Deine Worte auch anderen Menschen Mut machen und Familien, die vor einer ähnlichen Situation stehen, eine Hilfestellung bieten. Danke für das Vertrauen und die Offenheit.
*Name auf Wunsch der Familie geändert
Noch keine Kommentare!